Wie sollen wir leben? Was ist unsere Bestimmung? Was macht uns glücklich? Die Frage nach dem Sinn beschäftigt die Menschen auf der ganzen Welt. Die Japaner nennen ihr simples Rezept für ein glückliches und langes Leben IKIGAI. Ich bin der asiatischen Philosophie auf den Grund gegangen…
erschienen im FOGS-Magazin, 2019
In einer Zeit, in der uns die gesamte Welt offensteht und alles zu jeder Zeit verfügbar ist, wird die Suche nach dem Lebenssinn umso bedeutender. Wir leben ein bequemes Leben. So bequem, dass sich zwischen gefälligem Konsum und leichtfüßigem Entertainment plötzlich eine Leere mit der Frage auftun kann: Warum bin ich überhaupt hier und was will ich mit meiner Zeit auf diesem Planeten anfangen?
Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist viel Zeit, die wir nicht nutzen.
Seneca
Denn es ist ja so: Wir alle wünschen uns ein langes Leben. Und dabei möchten wir so glücklich, zufrieden und gesund wie nur möglich sein. Ein Klick genügt, um einen neugierigen Blick auf die Lebensphilosophien anderer Kulturen zu werfen. Da ist die Rede von Ländern mit den glücklichsten Menschen oder von den sogenannten „blauen Zonen“ – Regionen, in denen viele Menschen hundert Jahre oder älter werden. Der jüngste World Happiness Report, der jährlich 156 Länder unter die Lupe nimmt, bestätigt, dass die glücklichsten Menschen der Welt in Nordeuropa zu Hause sind: Finnland, Dänemark und Norwegen sind erneut in den obersten Rängen zu finden. Das dänische Lebensgefühl „Hygge“ hat sich längst in unseren Köpfen als nachahmenswerte Vorlage für ein gutes Leben eingebrannt. Wem das längst zu abgedroschen ist, der macht’s wie die Schweden: „Lagom“ heißt der skandinavische Lifestyle-Trend, der sich mit „alles in Maßen“ übersetzen lässt. Das gemütliche Beisammensein scheint also ebenso der Schlüssel zur Zufriedenheit zu sein, wie das Bestreben, alle Lebensbereiche möglichst entspannt in der goldenen Mitte zu verankern.
Die Japaner haben ihre eigene Glücksformel, die sich nicht wesentlich von der skandinavischen unterscheidet: ikigai heißt das Wort der Stunde, das neben Shinrin Yoku (Waldbaden) und Wabi Sabi (Konzept der Schönheit, Einfachheit und Unvollkommenheit) gerade in aller Munde ist.
Ikigai – das next big thing?
Ikigai beschreibt „das, wofür es sich zu leben lohnt“ und ist in der japanischen Kultur fest verwurzelt. Wörtlich übersetzt besteht der japanische Begriff aus „iki“ (leben) und „gai“ (Sinn). Oder anders ausgedrückt: Die sechs Buchstaben stehen für das, was uns morgens voller Freude und Tatendrang aus dem Bett springen lässt. Ob Beruf und Karriere, Beziehungen zu Freunden und Familie oder akribisch gepflegte Hobbys – die Japaner sind bestrebt, ihr ikigai in sämtlichen Bereichen des Lebens zu finden.
In „IKIGAI – die japanische Lebenskunst“ beschreibt der japanische Neurowissenschafter Ken Mogi anhand authentischer Lebensgeschichten verschiedene Wege für Gesundheit, Zufriedenheit und Glück. Unter anderem erzählt der Autor die Geschichte des 92-jährigen Sushi-Kochs Jiro Ono. Das Sushi, das dieser in seinem mittlerweile mit drei Michelin-Sternen ausgezeichneten Restaurant produziert, sei „von einer nahezu mystischen Aura umgeben“. Er schreibt weiter: „Es ist zu vermuten, dass Onos unglaublicher Erfolg außergewöhnlichem Talent, äußerster Entschlossenheit und sturer Hartnäckigkeit im Laufe von vielen Jahren harter Arbeit entstammt, außerdem der unablässigen Beschäftigung mit kulinarischen Techniken und dem Liefern allerhöchster Qualität.“ Sein tiefes Gefühl von ikigai unterstreicht Jiro Ono – aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen und gesegnet mit einer Leidenschaft, für die sein Herz schlägt – mit der Aussage, dass er am liebsten beim Zubereiten von Sushi sterben möchte.
Glückliche 100-Jährige kennen ihr IKIGAI
Das Verständnis von ikigai fußt auf der Wertschätzung für die kleinen Dinge: Ein Sonnenstrahl, der Duft von Kaffee oder ein Lächeln geben unserem Leben Sinn und animieren uns zum Weitermachen. In einem beliebten TED-Talk (mehr als 3,6 Millionen Klicks) mit dem Titel „Wie man 100 oder älter wird“ geht der amerikanische Autor Dan Buettner dem Geheimnis eines langen und gesunden Lebens auf den Grund. Bei seinen Untersuchungen zu den sogenannten „Blue Zones“ – Gebiete, in denen Senioren mit Vitalität und Elan ein Rekordalter erreichen – kommt er nicht umhin, auch die japanische Lebensphilosophie zu erwähnen. Eine von Buettner und seinem Team definierte blaue Zone ist die Inselkette Okinawa am südlichsten Ende des japanischen Archipels. Unter den Einwohnern befinden sich viele Hundertjährige: der 102-jährige Karatemeister, der 100-jährige Fischer, der täglich Fisch für seine Familie fängt, die 102-jährige Frau, die ihre Ur-Ur-Urenkelin glücklich in ihren Armen hält. Alle drei Beispiele zeigen die Essenz von ikigai, die neben einem Gefühl von Gemeinschaft, einer ausgewogenen Ernährung und einem Bewusstsein für Spiritualität vor allem darauf beruht, ein klares Argument nennen zu können, morgens aufzustehen.
Muss man Japaner oder Japanerin sein, um ikigai zu haben? Natürlich nicht, sagt Ken Mogi. In seinem Buch schreibt er: „Es geht darum, jene Freuden im Leben zu entdecken, zu definieren und zu schätzen, die für uns von Bedeutung sind. Es ist in Ordnung, wenn niemand anders diesen speziellen Wert wahrnimmt (…) Sie können Ihr eigenes ikigai finden, kultivieren und im Geheimen langsam wachsen lassen, bis es eines Tages ganz eigenständige Früchte trägt.“
Ikigai meint den Sinn des Lebens, der sich aufgrund drei ganz konkreter Fragestellungen ergibt: 1. Was ist deine größte Leidenschaft? 2. Was ist dein wichtigstes Talent? 3. Was braucht die Welt? Möchte man dazu auch den finanziellen Aspekt ergänzen, dann lautet die 4. Frage: Wofür wirst du bezahlt?
Ikigai ergibt sich also aus der Schnittmenge aus Passion, Mission, Beruf und Berufung. Klingt logisch. Für geradlinige Klarheit haben die Japaner schließlich schon immer ein Händchen gehabt. Es nützt demnach nichts, blind seiner Leidenschaft zu folgen, wenn man der Welt und seinen Mitmenschen damit nicht dienen kann. Ebenso wenig wird man das Glück finden, wenn man etwas nur des Geldes wegen, aber nicht aus vollem Herzen tut.
MEIN IKIGAI
4 Frauen und ihre ganz persönlichen Gründe, morgens aufzustehen…
„Nicht nur meine Rolle als Mama hat mein Leben grundlegend verändert, sondern auch meine Leidenschaft für die Fotografie. Ich liebe es, mich visuell auszudrücken und bin gerne mit Menschen zusammen – beides kann ich als Fotografin ausleben. Bei Hochzeiten mische ich mich gerne unter die Gäste, um dann spontan die besten Momente festzuhalten. Ich möchte vor allem die Braut von ihrer schönsten Seite zeigen. Ich mag keine Inszenierungen, lieber zeige ich die Menschen so, wie sie wirklich sind. Nichts macht mich glücklicher als bei einem solchen Event die Augenblicke voller Energie und Intimität mit meiner Kamera einzufangen und danach todmüde in Bett zu fallen.“
Katja Brinkmann ist Buchautorin, Foto-Reporterin & Kommunikatorin. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer 6-jährigen Tochter in Apulien.
Die Dankbarkeit, mein persönlicher Turboantrieb, lässt mich Morgen für Morgen wie eine Sprungfeder aus dem Bett hüpfen. Ich musste im Alter von gerade einmal sechs Wochen operiert werden – und niemand wusste, ob das gut geht. Auch bin ich vor allem meiner Mutter dankbar, dass ich danach gesund groß werden und mich entwickeln konnte. So wie ich einer großen Hürde begegnet bin, die andere für mich überwinden mussten, möchte ich nun für andere Menschen sinn- und wertvoll sein und ihnen etwas fürs Leben mitgeben. Das Internet gibt mir die Möglichkeit, mein Wissen mit einem größeren Publikum zu teilen – das macht mir enorm viel Freude und treibt mich an. Und damit mein Know-how immer auf dem aktuellen Stand ist, lese ich viel und bilde mich weiter. Allein deshalb muss ich oft früh aufstehen!
Bente Matthes ist Herausgeberin des Business- und Lifestyle-Magazins LFSTL.de. In ihrer Wahlheimat München arbeitet sie als Journalistin, Dozentin, Beraterin und Speaker im digitalen Medienbereich.
Nach 15 Jahren im Marketing, einem Umzug nach Bali und einer Yogalehrerausbildung unterstütze ich heute Yogalehrer im Marketing und designe Websites. Somit bin in der glücklichen Lage, meine Leidenschaften für Yoga und Businessthemen verbinden zu können! Egal ob in Bali oder Hamburg, ich hüpfe morgens voller Elan aus dem Bett, um mein Business weiterzubringen und möglichst vielen Yogalehrern zu helfen. Meiner Bestimmung zu folgen, meine Visionen täglich in die Tat umzusetzen und dabei über die Reisfelder Balis zu blicken – das ist pures Glück für mich!
Susanne Rieker ist Yogalehrerin & Online-Marketingexpertin. Sie hilft spirituellen Entrepreneuren beim Aufbau ihres Online-Business und hat zwei Wohnsitze: Hamburg und Bali.
Ich liebe meine kleine Tochter, das Reisen und meinen Beruf, der es mir ermöglicht, meine größten Leidenschaften und Talente tagtäglich zu leben, nämlich: Welten zu gestalten, Ideen zum Leben erwecken, Räume zu verwandeln und Träume wahr werden zu lassen. Morgens mit einem Lächeln aufzuwachen, ist der beste Start und meine Antriebsfeder, um Probleme kreativ zu lösen sowie unvergessliche Momente und schöne Erinnerungen zu gestalten. Das Allerschönste ist für mich, mit meiner kleinen Weltenbummlerin zu reisen, neue Plätze zu entdecken und die Welt durch ihre Augen zu sehen.
Maryam Yeganehfar hat persische Wurzeln, verbrachte einige Jahre in Los Angeles und lebt jetzt in Wien. Mit ihrer Eventagentur kreiert die Mutter einer zweieinhalbjährigen Tochter private Feste und Firmenevents rund um den Globus.